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News von der Farm

Extranews 26.04.08

Mister – kein Richard mehr!“

Mit diesen Worten kam der kleine Johannes am Sonntagmorgen auf den Hof. Er war plötzlich ganz allein. Ein schwerer Autounfall hat in der Nacht zum Samstag, den 26. April, vier unserer Arbeiter und die Schwester von Zackie schwer getroffen. Unser Vorarbeiter und Jagdführer Richard Tembo ist dabei ums Leben gekommen. Sagaria (Zackie) Meroro und seine Schwester sowie Junias Kondjara und Johannes Kondjara wurden zum Teil schwer verletzt. Zackie und Johannes konnten das Hospital aber zum Glück schon verlassen und sind wieder auf der Farm. Wider alle Vorurteile waren unsere Jungs nicht betrunken und waren auch nicht auf dem Weg zu einer Sauftour. Sie wollten ironischerweise eine bekannte Familie besuchen, die Hilfe wegen eines Sterbefalles brauchte. Was wir im Moment wissen ist, dass Richard nicht Schuld an diesem Unfall war. Offensichtlich hatte der Fahrer eines anderen entgegenkommenden Autos wegen zu hoher Geschwindigkeit die Gewalt über sein Fahrzeug verloren und ist frontal mit Richards Wagen zusammengestoßen.

Soweit die Fakten. Die Gefühle sind nur schwer zu beschreiben und noch schwerer zu bewältigen.

Richard hatte gerade sein 20jähriges Jubiläum bei uns gefeiert und war mehr als „nur“ ein Arbeiter. Er war ein wesentlicher Bestandteil von Gross-Okandjou. Niemand kann sich das Leben auf dieser Farm im Moment ohne ihn vorstellen. Sicher, jeder von uns hat sich immer mal wieder über ihn geärgert. Er konnte sehr launisch sein. Aber was spielt das für eine Rolle bei der Gesamtbetrachtung seiner Persönlichkeit. Sein ganz spezieller Humor hat einen immer wieder entschädigt. Seine Wirkung auf seine Arbeitskollegen ist nur schwer begreifbar zu machen. Er war kein Vorarbeiter im klassischen Sinne, der die Arbeit verteilt, die Ergebnisse kontrolliert und für Fehlleistungen den Buckel hin hielt. Dafür war er selber viel zu ungeordnet nach altdeutschen Maßstäben. Er war einfach da, und die anderen wussten, dass er meist in meinem Sinne arbeitete. Das stimmte zwar nicht immer, das habe ich dann aber mit ihm ganz allein ausgemacht. Die Jungen konnten bei ihm Rat und Hilfe holen – vor allem bei technischen Frage, die er auf afrikanische Weise meist wirksam löste – und die Alten wurden mit Respekt behandelt oder auf den Arm genommen. Das hatten die Betroffenen meist selbst zu verantworten. Eine klare Sprache zum Wohle der Farm hat er immer verstanden, weil er sich auf Gross-Okandjou heimisch gefühlt hat, und vielleicht auch, weil er zu unserer Familie und mir eine freundschaftliche Bindung fühlte.

Mein Verhältnis zu Richard?

Darüber haben sich viele Berufene und Unberufene Gedanken gemacht. Besonders kritisch haben es diejenigen unter unseren diversen weißen Verwaltern gesehen, die nicht annähernd die Loyalität gegenüber Gross-Okandjou bewiesen haben wie Richard. Was für ein Verlust Richard für mich ist, kann ich im Moment nur ahnen. Er war ein Freund auf ganz besondere Weise, auch wenn es schwer ist Freundschaften in einem abhängigen Arbeitsverhältnis zu pflegen. Natürlich kann ich nicht verschweigen, wie oft ich mich über seine Macken geärgert habe. Aber wie oft hat er sich über meine geärgert? Und trotzdem haben wir immer wieder zusammengefunden. Die Basis einer dauerhaften Freundschaft.

Außerdem habe ich sehr viel von ihm gelernt – Afrikanisches und vieles auf einem Gebiet, von dem ich glaubte, kaum noch etwas dazu lernen zu können – auf der Jagd. 20 Jahre gemeinsame Jagd hat mich vieles gelehrt – vor allem eins, dass man vieles eben nicht lernen kann, dass dazu ein Talent, ein Gespür gehört, das uns Europäern fehlt. Richard war damit reich beschenkt worden. Er wusste, wie Wild sich verhält und bewegt und konnte eine Spur verfolgen, die ich nicht einmal sah. Wenn auch er einmal nicht weiter wusste, dann setzten wir zwar unsere Hunde meist erfolgreich ein, aber das war eher selten der Fall. Was auch daran lag, dass er anfangs die Hunde als Konkurrenten betrachte und sie auch nicht so ganz für voll nahm. Das hatte sich aber bald gelegt. Wir wurde einfach ein Team – wir beiden Zweibeiner und die Vierbeiner.

Zwei Tage noch vor seinem Tod hatten wir eine Nachsuche auf einen Oryx, die wegen des Mangels an Schweiß und der Härte des Bodens uns alle überforderte – vor allem unseren Teckel und mich. Und auch Richard – so schien es wenigstens. Er hatte die Fährte tatsächlich verloren. Aber kurz bevor wir aufgeben wollten, hatte er plötzlich doch noch einen Riecher dafür, wohin der Oryx geflüchtet sein könnte. Diese Eingebungen hatte er oft. Wie selbstverständlich lief er auf das bereits verendete Stück zu. Das macht ihm so schnell keiner nach.

Diejenigen, die jemals mit ihm gejagt haben, werden ahnen, wie sehr uns Richard fehlen wird.

„Mister – kein Richard mehr!“ Nicht nur der kleine Johannes spürt jetzt schon die Leere.